Julius Dammann
Pastor
– Seelsorger- Evangelist
1840, das Geburtsjahr
Julius Dammanns: In dem Jahr erschien die erste
Briefmarke der Welt, die One Penny Black aus Großbritannien, und Queen
Victoria heiratete Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha. Er wurde geboren und ist
aufgewachsen im westfälischen Warburg an der Diemel.
Sein Vater war Kreisarzt, und die Mutter starb, als Julius vier Wochen alt
war. Noch als 67jähriger erinnert er sich, daß er
sie die ganze Kindheit und Jugend hindurch aufs Schmerzlichste entbehrte und
sich in der Welt sehr einsam und fremd gefühlt habe - ein Anklang des
Ewigkeitsmenschen, der er wohl sein ganzes Erdenleben lang war. Er bekommt eine
Stiefmutter, die katholisch ist. Und die vier neuen Geschwister werden es
auch. Wieder eine Einzelstellung. Entsagung und Kampf sollten auch in seinem
späteren Leben prägend sein - doch wie die Sonne unvermutet durch Wolken
dringt, gab es auch leuchtende und glückliche Momente in seinem Leben. Jedes
Jahr darf er mit den Geschwistern mehrere Wochen zur Großmutter nach
Wittstock, wo der Großvater das Schneiderhandwerk betrieb. Die ersten Schuljahre
verbrachte Julius auf dem Progymnasium, dem heutigen Gymnasium Marianum in Warburg. Die Schule führte zu seiner Zeit nur
bis zur Tertia. Die Oberklassen besuchte er im bekannten Gymnasium Theodorianum zu Paderborn, wo er 1859 das
Abiturientenexamen bestand – er war der einzige Evangelische unter 66
Primanern! Über 50 seiner Mitschüler wurden später römische Geistliche. Auch
Julius Dammann will Theologie studieren –
natürlich evangelische. |
Dass Julius zum Schulabschluß kam, war Gottes Wunder gewesen. Denn in der
späten Schulzeit wird er von einer ernstlichen Lungenerkrankung wieder geheilt.
Kurze Zeit danach verstirbt der Vater 64jährig an Typhus. Doch sein
himmlischer Vater ermöglicht ihm das Theologiestudium! Die ersten vier
Studiensemester absolviert er in Halle, an den pietistisch geprägten
Franckeschen Stiftungen, unter anderen bei dem berühmten Professor für neutestamentliche Wissenschaft, August Tholuck. Dieser begnadete Theologe beschritt im Gegensatz
zu vielen seiner Schüler noch nicht den Irrweg der historisch-kritischen
Bibelauslegung. Dammann schreibt von dieser Zeit
später: „Hätte ich doch
damals wie mancher meiner Kommilitonen den „Gang nach Damaskus“
mit ihm gemacht! Aber so weit kam es nicht, obwohl ich ein fragender und
suchender Mensch war. Die Welt und mein Ich hielten mich gefangen, wohl auch
dadurch, dass ich auf Wunsch meines Vaters einer Verbindung – einer
Burschenschaft – beigetreten war.“ Das dritte Studienjahr
verbrachte er an der Humboldt-Universität in Berlin, nämlich das
Wintersemester 1861/62 und das Sommersemester 1862. Sein Professor Franz
Ludwig Steinmeyer hat ihm für die homiletischen Anleitungen das Prädikat „vorzüglich
fleißig“ verliehen. Dem Grundstudium folgte
zunächst eine „Lehrerkarriere“: Julius Damman
wird Hauslehrer in Freyburg an der Unstrut und in
Hadmersleben bei Magdeburg, danach Prädikant und
Lehrer in Peseckendorf bei Hadmersleben. 1866 nimmt er die Stelle als Leiter
der städtischen Schulen in Löbejün an. In diese Zeit fallen die
Absolvierung des zweiten theologischen Examens (in Münster/Westfalen) und die
Gründung des eigenen Haus- und Ehestandes mit Wilhelmine Schulze. Seine
Ehefrau stammte aus der angesehenen Familie des Freyburger
Buhnenmeisters, das ist ein Deichvorsteher. Erfolgreich bestand Dammann am 4. Oktober 1867 das Rektor-Examen. Die
Ortschaft Löbejün sollte für das neue Rektorenpaar
aber auch eine traurige Bedeutung erhalten. Hier findet sich die Grabstätte
für zwei ihrer kleinen Söhne: Johannes und Karl. Noch einmal war ein
Ortswechsel angesagt: Am 1. Dezember 1868 trat Julius Dammann
die Rektorenstelle an der Bürgerschule in Tangermünde an, die er bis Ende
1870 innehatte. Seine öffentliche und
feierliche Einführung in den Dienst der Kirche, die Ordination, fand am 7.
Dezember 1870 im Dom zu Magdedurg statt. Nun war es soweit: Julius Dammann erhielt seine erste Pfarrstelle. Graf von der
Schulenburg hatte ihn als Pfarrer für den Ort Burgscheidungen im
Burgenlandkreis ausgewählt. Er sollte den Dorfpfarrer ablösen, der nach 40
Dienstjahren verstorben war. Man stand hier der Kirche&xnbsp; großenteils gleichgültig gegenüber. Auch im
Nachbarort Dorndorf (heute Ortsteil von Laucha)
hatte Dammann in der Filialkirche zu predigen, und
musste dazu oft den Fährmann über die Unstrut am
frühen Sonntagmorgen aus dem Bett holen. Der aufrichtige und
demütige Diener Gottes mußte über diese Zeit später
sagen: „Der Geist Gottes konnte sich nicht zu meiner Verkündigung in
Burgscheidungen bekennen. Aber es gelang dem Heiligen Geist um so gründlicher, mir mein eigenes Verderben und meine
gänzliche Unfähigkeit in erschreckender Weise aufzudecken“. Nun setzte Gott sein
Winzermesser scharf an: Von den fünf Kindern, die er den Eheleuten geschenkt
hatte, nahm er die beiden jüngsten wieder zu sich, zuerst den kleinen Willi,
dann um Ostern 1877 die innig geliebte Luise. Vier Wochen später stirbt seine
Frau, die sich von der Geburt und dem frühen Tod Willis nicht mehr recht
erholen hat können. Wohl sein schwerster Weg zum Gottesacker. Julius Dammann
heiratet im September des folgenden Jahres Luise Dammann,
die Witwe seines Bruders, die mit ihren Kindern Karl und Elisabeth ins
Pfarrhaus einzieht. 10 Jahre zuvor war sein Bruder, der Arzt Dr. Carl Dammann, in Warburg in der Diemel
ertrunken. Er hinterließ Luise 23jährig, drei Monate vor der Geburt ihres
Töchterchens Elisabeth. Jesus hatte sie danach als Krankenpflegerin und
Sonntagsschulhelferin in seinen Dienst genommen. 1878 endet die Burgscheidunger Dienstzeit. Und am 2. April 1879 hält
Julius Dammann seine Antrittspredigt in Siegen, wo
er zum 2. Pfarrer der evangelischen Gemeinde ernannt wurde. Für diese Stelle
hatten sich 23 Bewerber gemeldet, und 6 waren in die engere Wahl gekommen. Er predigt über 2.
Korinther 4, 5: „Wir predigen nicht uns selbst, sondern Jesum Christum,
dass er sei der Herr, wir aber eure Knechte um Jesu willen.“ Bekannt ist ja das Siegener
Land für seine „Versammlungsleute“. Diese erwiesen sich gegenüber
dem Neuankömmling als Freunde in echt biblischen Sinn. Und Julius Dammann fing irgendwann an, die Versammlungen der
„Pietisten“ zu besuchen. Dort hat ihm, wie er sich ausdrückt, „Gott zu Füßen einfacher Brüder den
unergründlichen Reichtum seiner Offenbarung in Christo erschlossen – da
ist meine Seele an seinem Worte genesen, und was ich da erfahren habe, das
habe ich in Schwachheit weitergegeben“. Es war bei Dammann zur neuen Geburt gekommen. Von da an tritt er
ganz zu den Brüdern über und wird sogar ihr energischer Führer. Diese
Wandlung und seine Entschiedenheit blieb auch den
Zuhörern seiner Predigten nicht verborgen. Seine Kirche füllte sich
zusehends, und die Menschen wurden vom Wort ergriffen. Man freute sich am
Mittwoch schon auf die Predigt vom Sonntag! In Siegen war er vielfach
und kräftig in der Verkündigung, mit Vorträgen, in der Seelsorge und als
Präses des Jünglingsvereins tätig. Seine klare Botschaft brachte ihm auch Verunglimpfung
und Widerstände ein. Man machte ihm zum Vorwurf, er treibe die Leute aus der
Kirche und mache sie zu „Separatisten“. 1884 stirbt in Essen der
Pfarrer Jonghaus. Dessen Pfarrstelle und eine neu
gebildete sollen besetzt werden. Unter den 12 für die Besetzung genannten
Pfarrern befindet sich auch die Meldung Dammanns.
Er wird gewählt; für die zweite Stelle beruft man Pastor Dr. Lammers aus Burbach. Die Essener Dienstzeit währte bis 1897. |
Bildnachweise (Reihe von links nach rechts): Wikipedia/Wikimedia Commons
Gymnasium Theodorianum in Paderborn - TheoPB CC BY-SA 3.0
Franckens
Stiftungen in Halle/Saale - CC BY-SA
3.0
Kirche in
Burgscheidungen – Tnemtsoni CC BY-SA
3.0
Nicolaikirche
in Siegen – Foto © Bob Ionescu - Attribution
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