Charles Haddon Spurgeon Bekehrt, getauft und glücklich geworden Und er nahm sie zu sich in derselben Stunde der Nacht und wusch ihnen die Striemen ab;
und er ließ sich taufen und alle die Seinen alsbald. Und führte sie in sein Haus, und
setzte ihnen einen Tisch, und freute sich mit seinem ganzen Hause, daß er an Gott
gläubig geworden war. Apg. 16, 33.34. |
In sehr vielen Fällen spricht man von der Bekehrung als von einem langsamen Werk. Ich
denke nicht, daß es wirklich so ist; aber es scheint doch so zu sein. Wir haben um uns
her eine große Menge Leute, bei denen es sehr langsam geht. Wie es zugeht, weiß ich
nicht, da man bei irdischen Dingen doch schnell zu Werke zu gehen pflegt. Wir können
nicht schnell genug reisen; alles muß in Eile geschehen, aber in göttlichen Dingen sind
viele Personen so langsam wie die Schnecken. Es dauert oft recht lange, ehe man sie auf
dem Wege zu einer tröstlichen Versicherung des Heils eine kleine Strecke vorwärtsbringen
kann.
Ich zweifle nicht daran, daß das Gnadenwerk in manchen Menschen ein sehr stufenförmiges
ist; es gleicht dem Sonnenaufgang in unserem Land. An nebeligen Tagen könnt ihr nicht
sagen, wann die Sonne aufgeht. Zuweilen habe ich gezweifelt, ob sie überhaupt in England
aufgeht; jedenfalls habe ich in den letzten Tagen wenig von ihr gesehen. Wer kann sagen,
wann sie auf Erden zu scheinen beginnt? Es zeigt sich ein kleiner Lichtstrahl, mit der
Zeit ein wenig mehr und noch ein wenig mehr, und endlich könnt ihr sagen, daß die Sonne
wirklich aufgegangen ist. So ist es mit manchen Christen. Es zeigt sich bei ihnen ein
kleiner Lichtfunke und dann etwas mehr Licht und dann noch ein weiterer Lichtstrahl; aber
erst nach einer längeren Zeit könnt ihr sagen, daß das volle Licht wirklich in ihre
Seelen eingedrungen ist. Beachtet jedoch, daß es einen Augenblick gibt, da die
Sonnenscheibe zuerst über dem Horizont sichtbar wird, einen Augenblick, und in der
Bekehrung muß es eine Zeit geben, in welcher der Tod weg und das Leben da ist, und das
muß eine so scharfe Linie sein, wie sie ein Rasiermesser nur machen kann. In Wirklichkeit
kann nichts zwischen Leben und Tod sein. Der Mensch ist entweder tot oder lebendig, und es
muß einen Zeitpunkt geben, bei welchem er aufhört, tot zu sein, und er anfängt,
lebendig zu sein. Ein Mensch kann zwischen der Verdammung und der Rechtfertigung nicht
irgendwo sein, weil es zwischen beiden kein Land gibt. Er ist entweder wegen der Sünde
verdammt, oder er ist durch die Gerechtigkeit Christi gerechtfertigt; zwischen beiden
Zuständen kann er nicht sein. Wenn ihr der Sache auf den Grund geht, findet ihr, daß es
einen scharf bestimmten Wendepunkt gibt, und wenn es euch nicht klar ist, ist es doch Dem
klar, der in dem Herzen gewirkt hat, das vom Tode zum Leben und von der Verdammnis durch
die Sünde zur Rechtfertigung durch Jesum Christum gebracht worden ist.
I.
In dem Falle dieses Kerkermeisters zu Philippi ist alles scharf, klar und bestimmt. Indem
wir ihn betrachten, will ich eure Aufmerksamkeit zuerst auf die Tatsache lenken, daß hier
eine Person ist, die sogleich bekehrt ist.
Dieses Mannes Bekehrung kam mit einem Male zustande. Es gab hier keinen vorangehenden
Gedanken. Ich kann mir in seinem früheren Leben nichts denken, das dazu geführt hätte.
Er war mit keinen Predigten, Unterweisungen, Einladungen und Bitten beschäftigt worden.
Wahrscheinlich hatte er bis zu jener Nacht noch nie den Namen Christi gehört, und was er
hörte, war, daß diese beiden Männer, die nach Philippi gekommen waren, Christum zu
predigen, mit Strenge behandelt und sicher in Verwahrsam behalten werden müßten. Deshalb
warf er sie in das innerste Loch und legte ihre Füße fest in den Stock. Seine ganze
frühere Erziehung war, wenn nicht eine antichristliche, so doch eine nichtchristliche
gewesen. Sein ganzes früheres Leben war ohne jede christliche Tugend gewesen, gleichviel,
welche römische Tugenden er auch haben mochte. Nichts konnte einen größeren Kontrast
bilden als die Sittenlehre Roms und die Lehren Christi. Dieser Kerkermeister war ein guter
Römer, aber er hatte nichts von einem Christen an sich, als er die Apostel ins Gefängnis
warf, und doch gab es, ehe die Sonne wieder aufging, keinen besseren Christen, als dieser
Mann es war. Er war vom Tode zum Leben hindurchgedrungen; er ruhte auf dem christlichen
Grunde; er war der Besitzer christlicher Gnaden. Hört das, die ihr nie über Christus
nachgedacht habt, und jeder, der heute hierhergekommen ist als einer, der der wahren
Religion gänzlich fremd ist, darf darum bitten, daß das Gleiche bei ihm der Fall sein
und daß er, ehe es Mitternacht schlägt, auch den Heiland finden möchte.
Was meint ihr, das auf diesen Mann Eindruck gemacht haben mag? Ich denke, daß es zum Teil
das Verhalten von Paulus und Silas gewesen sein dürfte. Sie hatten keine Flüche auf
ihren Lippen, als er ihre Füße fest in den Stock legte. Ich zweifle nicht daran, daß
sie Worte fallen ließen, dergleichen er noch nie gehört hatte, und ihre Geduld, ihre
Freudigkeit, ihr unerschrockener Mut und ihre heilige Freundlichkeit mußten ihm
auffallen. Sie gehörten einer ganz anderen Klasse von Gefangenen an, als er sie bisher
gesehen hatte. Solche Gefangenen hatte er noch nicht gehabt, und dies konnte er sich nicht
erklären. Er ging zu Bett mit vielen Gedanken ganz eigener Art. Wer waren diese Männer?
Wer war dieser Jesus, von dem sie sprachen?
Dann geschieht mitten in der Nacht ein sonderbares Wunder. Das Gefängnis wird durch ein
Erdbeben erschüttert. Der Kerkermeister erhebt sich. Die Gefangenen müssen alle
entflohen sein, denn die Türen stehen offen. Er hatte sie sämtlich sorgfältig
verriegelt, ehe er zu Bett ging; aber sie stehen alle offen, und die Gefangenen sind ohne
Ketten; sie werden davoneilen, und er wird dafür zu leiden haben. Er setzt sein Schwert
an seine Brust; er will sich töten, als er im selben Augenblick eine laute Stimme hört,
die ihm zuruft: "Tue dir nichts Übels, denn wir sind alle hier." Welch ein
Erstaunen! Welche ganz andere Empfindungen wecken diese Worte! "Wir sind alle
hier." Er denkt bei sich: "Wahrlich, es gibt einen Gott; es muß der Gott des
Paulus und des Silas sein, der dieses Wunder getan hat." Er fängt an zu zittern; er
hat gelebt, ohne diesen Gott zu kennen; er hat die Gesandten dieses Gottes schlecht
behandelt. Er führt sie heraus und redet sie respektvoll an: "Liebe Herren"; er
fleht sie ernstlich an: "Was soll ich tun, daß ich selig werde?" Der Gedanke,
daß er verloren ist, hat sich seiner bemächtigt. Er fürchtet sich nicht zu sterben,
denn er war willens, sich selber zu töten; aber er fürchtet sich vor dem, was nach dem
Tod kommt. Er ist ein verlorener Mann, und darum fragt er: " Was soll ich tun, daß
ich selig werde?" Nun geschah es, daß ihm der Weg des Heils klargemacht wurde. Er
wurde ihm sehr kurz vorgeführt: "Glaube an den Herrn Jesum Christum, so wirst du und
dein Haus selig." Wahrscheinlich verstand er es nicht, als er es hörte, und so
sagten sie "ihm das Wort des Herrn und allen, die in seinem Hause waren". Sein
Weib, seine Kinder, seine Knechte und Dienstboten, wer auch seinem Haushalt angehören
mochte, alle sammelten sich um die beiden Prediger; und sie erklärten ihnen den Heilsweg,
die Rettung durch den Glauben an Jesum, die Rettung durch das Sühnopfer Christi, die
Rettung durch den Glauben an das teure Blut Christi. Paulus und Silas sagten der
Versammlung ohne Zweifel, daß, wer an Jesum glaube, nicht verloren werde, sondern das
ewige Leben haben solle. Der Kerkermeister glaubte es; er glaubte jedes Wort, und darum
wurde er gerettet und sogleich gerettet.
Wenn ihr das Evangelium vorher noch nie gehört habt und es heute hört und an Christum
glaubt, so werdet ihr sogleich gerettet. Wenn ihr bisher allem Guten gänzlich fremd
gewesen seid und nun die frohe Botschaft von Gottes Barmherzigkeit durch den Sohn Gottes,
die Vergebung durch Sein vergossenes Blut annehmt, so geht ihr gerechtfertigt und in einem
Augenblick gerettet, gerettet durch die einfache Tat des Glaubens, aus diesem Hause
hinweg. Es ist ein glücklicher Umstand, daß das Evangelium so einfach ist. Es gibt
zweifellos viele, die aus dem Evangelium etwas machen, das schwer zu verstehen ist; aber
es ist für das gewöhnliche Volk bestimmt und nicht nur für die Elite und für die
Gelehrten, denn "den Armen wird das Evangelium gepredigt", o, das Evangelium
paßt durchaus dazu, den Armen gepredigt zu werden. Dies ist das Evangelium: "Glaube
an den Herrn Jesum Christum, so wirst du und dein Haus selig." Vertraue Christus, und
wenn du das tust, wirst du selig werden.
II. Zweitens, hier ist eine Person, die sogleich ihren Glauben bekennt. "Er ließ
sich taufen und alle die Seinen alsbald."
Sollte jemand getauft werden, sobald er glaubt? In der Regel ja; aber es mag gute Gründe
geben, aus denen es nicht geschehen sollte. Im Fall dieses Mannes war kein Grund zum
Aufschub vorhanden, denn erstens war seine Bekehrung so klar wie der Mittag. Paulus
zweifelte nicht daran. Dieser Mann war wirklich bekehrt. Auch Silas war sich dessen
gewiß, und sie zögerten deshalb nicht, ihn und sein ganzes Haus zu taufen; denn sie
waren alle an Gott gläubig geworden. Beachtet, wie es bei Philippus und dem Kämmerer
war. Dieser hieß den Wagen halten und sagte: "Siehe, da ist Wasser; was hindert es,
daß ich mich taufen lasse?" Philippus erwiderte: "Glaubst du von ganzem Herzen,
so mag es wohl sein." Da dies der Fall war, stiegen sie hinab in das Wasser, beide,
Philippus und der Kämmerer, und er taufte ihn. Wenn der Täufer glaubt, daß der Bekenner
des Glaubens an Christum aufrichtig ist, hat er nicht nötig, zu zögern. Wenn er in Bezug
darauf Zweifel hat, wenn er fürchtet, daß das Bekenntnis in Unwissenheit oder ohne
gebührendes Nachdenken abgelegt ist, dann mag es ihm obliegen, noch etwas zu warten,
sonst aber muß er tun, wie Ananias bei Saulus von Tarsus tat: er muß ihn auf das
Bekenntnis seines Glaubens taufen, wenn er es verlangt. Die Bekehrung des Kerkermeisters
war also klar.
In seinem Fall gab es auch keinen anderen Grund zum Aufschub. Im Fall mancher junger Leute
gibt es Gründe zum Aufschub. Ich erinnere zum Beispiel in meinem Falle, daß ich, der ich
im Alter zwischen fünfzehn und sechzehn Jahren stand und Eltern hatte, die an die Taufe
der Gläubigen nicht glaubten, es für meine Pflicht hielt, Vater und Mutter um ihre
Ansicht und um ihren Rat zu befragen. Ich denke, ich tat recht daran; ich erwartete nicht,
daß sie gleichen Sinnes mit mir seien, aber ich erwartete, daß sie ihre liebevolle
Zustimmung geben würden, und ich wartete, bis ich dieselbe erhalten hatte. Zuweilen ist
es auch recht auf seiten der jungen Leute, dasselbe zu tun. Es kann Gründe und recht
praktische Gründe zum Aufschub geben, physische, moralische, geistliche Gründe, auf die
ich jetzt hier nicht näher eingehen kann. Aber in dem Falle des Kerkermeisters war kein
Grund zum Aufschub vorhanden. Dieser Mann war sein eigener Herr, und seine Kinder und
sonstigen Hausgenossen hatten keine Schwierigkeit, zu ihrer Taufe seine Zustimmung zu
erhalten, zumal er selbst den Weg geführt wurde, Christum nach biblischer Weise zu
bekennen.
Beachtet auch in dem Falle dieses Mannes, daß er nicht durch selbstsüchtige Erwägungen
aufgehalten wurde. Wenn der Kerkermeister wie andere Leute gewesen wäre, die ich kenne,
so würde er reichlich Gründe gefunden haben, seine Taufe hinauszuschieben. Zunächst
würde er gesagt haben: "Es ist jetzt Mitternacht; wollt ihr, daß ich mich zu dieser
Stunde taufen lassen soll?" Er würde gesagt haben, daß er nicht wüßte, ob auch
die passenden Einrichtungen für die Taufe vorhanden seien; denn wenn ihr es nicht gerne
tut, ist es so leicht, es unpassend zu finden. Er hätte auch sagen können: "Ich
weiß nicht, wie meine vorgesetzte Behörde das aufnehmen würde." Er kümmerte sich
nicht um die Behörde. Vielleicht mochte er seine Stellung verlieren. Er zog seine Lage
nicht in Betracht. Und dann, was würden die Soldaten in der ganzen Kolonie von Philippi
sagen, wenn sie hören sollten, daß der Kerkermeister in den Namen Christi getauft worden
sei? O, welche Belustigung für die Wachstube, und welch Gespött durch ganz Philippi!
Dieser brave Mann zog das alles nicht in Betracht, und wenn er wirklich daran dachte, so
überwand er es doch sofort. Es war ganz in der Ordnung, daß er nun, da er an Christum
glaubte, auch seinen Glauben an Christum bekenne, und das wollte er auch, und er wollte es
"alsbald". Liebe Freunde, es sind etliche unter euch, die nie als Christen
hervorgetreten sind! Ihr sagt nie, was ihr seid; ihr tretet nie für Christum ein. Ich
will euch nicht verurteilen, wünsche jedoch, daß ihr euch selbst verurteilt; denn ich
nehme an, daß ihr euch als recht niedrige Menschenkinder verurteilen müßt. Die
Verheißung des ewigen Lebens ist keinem Glauben gegeben, der niemals bekannt wird.
Gestattet mir, es noch einmal zu sagen: Die Verheißung der Seligkeit ist nicht einem
Glauben gegeben, der sich nie erklärt. "Wer da glaubt und getauft wird, der wird
selig werden." "So man von Herzen glaubt, wird man gerecht, und so man mit dem
Munde bekennt, wird man selig." Des Herrn eigene Worte sind: "Wer Mich bekennt
vor den Menschen, den will Ich auch bekennen vor Meinem himmlischen Vater," und in
Verbindung mit diesem Bekenntnis sagt Er auch: "Wer Mich aber verleugnet" (was
soviel bedeuten muß als, wer Mich nicht bekennt) "vor den Menschen, den will Ich
auch verleugnen vor Meinem himmlischen Vater." Wenn ihr nicht genug Glauben an
Christum habt, um sagen zu können, daß ihr an Ihn glaubt, kann ich auch nicht annehmen,
daß ihr Glauben genug an Christum habt, daß Er euch in den Himmel aufnehmen wird; denn
hinsichtlich der Stätte des Verderbens steht geschrieben: "Die Feigen aber und
Ungläubigen . . . deren Teil wird sein in dem Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel
brennt."
Tatsache war, daß es diesem Manne durchaus Ernst war, und darum wollte er seine Taufe
nicht hinausgeschoben haben. Er hatte sich in Christi Armee eintragen lassen, und er
wollte alsbald Christi Uniform anlegen. Ich wünschte, daß etliche, die da bekennen, daß
sie bekehrt seien, es so ernst nehmen möchten, wie dieser Kerkermeister es tat.
"Aber," sagt jemand, "verfahren Sie doch nicht gar zu streng mit uns; ich
hoffe, daß ich auch ein Christ bin, obgleich ich Christum bisher noch nie bekannt
habe." Warum bekennst du Christum nicht, wenn du Ihm angehörst? So ähnlich sprach
ich zu einem Manne, der seiner eigenen Angabe nach schon seit zwanzig Jahren ein Christ
war. Er hatte sich der Gemeinde nie angeschlossen und nie ein offenes Bekenntnis abgelegt,
und als ich zu ihm sprach, was meint ihr, was er mir antwortete? Er sagte: "Wer
glaubt, der eilt nicht." "Nun," erwiderte ich, "wenn Sie morgen
getauft und in die Gemeinde aufgenommen würden, so könnte man gerade nicht sagen, daß
Sie große Eile haben, zumal Sie schon seit zwanzig Jahren gläubig sind; aber ein viel
passenderer Text für Sie wäre doch das Wort des Psalmisten: >>Ich eile, und säume
mich nicht, auf daß ich Deine Gebote halte.<<"
"Aber," sagt ein anderer, "ich habe es nur kurze Zeit hinausgeschoben, und
- " "Kurze Zeit! " Erlaubst du es deinem Jungen, so zu dir zu sprechen? Du
sagst zu ihm: "Johannes, gehe hinauf zur Stadt, um dort eine Sache für mich zu
erledigen." Etwa eine Stunde später siehst du ihn noch daheim, und du fragst ihn,
warum er deinen Befehl nicht ausgeführt habe, und er sagt: "Vater, ich habe es kurze
Zeit hinausgeschoben." Ich halte es für wahrscheinlich, daß du ihm einen Denkzettel
geben wirst, so daß er die Entschuldigung nicht wiederholt. Aber wenn du ihn eine Stunde
nach der anderen noch immer zu Hause sehen solltest und ihn sagen hörtest, daß er
durchaus nicht ungehorsam sei, sondern daß er nur einige kleine eigene Dinge zuerst
wahrnehmen wolle, so bilde ich mir ein, daß du ihn lehren würdest, was die Pflicht eines
Sohnes sei. Ein Knecht dieser Art würde sich wahrscheinlich sehr bald einen anderen
Dienst suchen müssen, und nennst du dich einen Knecht Christi, wenn du das dir befohlene
Bekenntnis durch die Taufe hinausgeschoben und wieder hinausgeschoben und noch einmal
hinausgeschoben hast, bis du, soweit ich sehen kann, von dem Gehorsam gegen deines Herrn
Gebote soweit entfernt bist, wie du es nur je gewesen bist? Dieser Kerkermeister legte
"in derselben Stunde der Nacht" ein Bekenntnis seines Glaubens ab "und
ließ sich taufen und alle die Seinen alsbald", und alsbald waren alle mit Paulus und
Silas zu einem Liebesmahl vereinigt und hatten selige Gemeinschaft miteinander. Lieber
Freund, wenn du bekehrt bist, so schiebe das Bekenntnis von Christo nicht hinaus. Du
beraubst deinen Prediger seines Soldes, denn es ist sein Lohn, zu hören, daß Gott deine
Seele gesegnet hat. Du beraubst auch die Gemeinde. Wenn du ein Recht hast, draußen zu
bleiben und Christum nicht zu bekennen, so hat jeder andere dasselbe Recht, und wo gäbe
es dann überhaupt noch irgendwelches Bekenntnis von Christus, oder irgendwelche sichtbare
Gemeinde Christi , oder irgendwelche Verordnungen Christi, oder auch nur Diener Christi?
Wenn du ein Recht hast, dich nicht taufen zu lassen und ein Recht hast, das Abendmahl in
der Gemeinde zu vernachlässigen, so hat auch jeder andere Christ das Recht, diese Dinge
zu vernachlässigen. Wozu wären aber dann diese Anordnungen überhaupt getroffen worden?
Was ist Christus in Seinem Hause? Ist Er der Hausherr, oder bist du es, und nimmst du dir
die Freiheit, zu tun oder nicht zu tun, gerade was und wie es dir gefällt? Kommt und
laßt meinen Text von euch allen wahr werden, die ihr glaubt: "Er ließ sich taufen
und alle die Seinen alsbald."
III. Und nun drittens, hier ist jemand, der sich alsbald nützlich macht.
Nützlich! Was konnte er tun? Nun, er tat alles, was er konnte. Zunächst übte er eine
Tat der Barmherzigkeit: "Er nahm sie zu sich in derselben Stunde der Nacht und wusch
ihnen die Striemen ab." Die lieben, guten Männer, sie waren ganz von den Merkzeichen
der römischen Geißel bedeckt. Sie waren braun und blau geschlagen worden, und das Blut
war reichlich geflossen. Mir ist, als sähe ich, wie zärtlich der Kerkermeister ihre
Wunden wusch. Ehe er getauft wurde, brachte er rechtschaffene Früchte der Buße. Die
übel behandelten Prediger bedurften der Waschung; wie konnten ihre Wunden heilen, wenn
sie nicht sorgfältig gereinigt wurden? "Er wusch ihnen die Striemen ab." Ich
mag diese Worte gerne lesen. Ich bin gewiß, daß Paulus und Silas sich darüber freuen
mußten, daß einer ihre Wunden kühlte und reinigte, der sie noch kurz vorher so rauh
behandelt hatte. Ich wüßte nicht, daß er etwas Besseres hätte tun können, um seine
aufrichtige Buße zu zeigen.
Nachdem er das getan hatte und getauft worden war, lesen wir, daß er sie in sein Haus
führte und ihnen Speise vorsetzte. So übte er Gastfreundschaft. Was konnte er mehr tun?
Da es um Mitternacht war, kann ich mir nicht denken, daß er noch mehr tun konnte. So
fangt auch ihr, die ihr eben an den Herrn gläubig geworden seid, an, alsbald für Ihn
etwas zu tun, wenn ihr Ihn liebhabt. Es ist ein Jammer, daß wir so viele sogenannte
Christen haben, die nichts, buchstäblich nichts für Christum tun. Er stirbt für sie, Er
erlöst sie mit Seinem teuren Blut, und sie haben in Erwiderung darauf nichts für Ihn
getan. "Ich wüßte nicht, was ich tun könnte, " sagt jemand. Ich weiß, daß
du etwas tun könntest. Dieser Kerkermeister kann innerhalb der Gefängnismauern für
Paulus und Silas das allernotwendigste tun, und du kannst innerhalb der Grenzen deines
Hauses etwas für Jesum tun. Ich möchte dich bitten, heute noch etwas für Ihn zu tun,
wenn du heute an Ihn gläubig geworden bist. Tue heute etwas für Christum, indem du zu
deiner Frau, zu deinen Kindern, zu deinen Dienstboten oder zu deinen Nachbarn sprichst.
Wenn auch kein Prediger in deinem Hause ist, dem du die Striemen abwaschen kannst, so ist
vielleicht eine arme Seele in der Nähe, die der Hilfe etwas bedarf. Tue eine Tat der
Nächstenliebe um Christi willen. Oder es mag ein Kind Gottes da sein, dessen Herz du
heute noch trösten könntest. Erweise einem bedürftigen Gläubigen eine Wohltat und
zeige so deine Dankbarkeit für das, was der Herr für dich getan hat. Wenn du ein wahrer
Christ bist, mußt du etwas für Christum tun.
Wir möchten eine Gemeinde haben, in welcher alle Glieder etwas tun, in welcher alle tun,
was sie nur können, in welcher alle allezeit alles tun, was sie können; denn das ist es,
was unser Herr von einem lebendigen, liebenden Volk verdient, das Er mit Seinem teuren
Blut erkauft hat. Wenn Er mich errettet hat, will ich Ihm immer und ewiglich dienen, und
was in meiner Macht steht, zu Seiner Verherrlichung zu tun, das will ich mit Freuden tun
und will es sogleich tun. O, wenn etliche von euch heute gerettet werden, wie ganz anders
werden sich die Dinge in euren Häusern gestalten! Jedermann im Hause wird es erfahren,
daß es anders mit euch geworden ist. Wenn ein Mensch, der ein Trinker gewesen, oder der
gewohnt gewesen ist, schlechte Reden zu führen, oder ein Sabbatschänder oder ein
gottloser, christusloser Elender gewesen ist, bekehrt wird, das ist, als ob die Hölle in
einen Himmel und der Teufel in einen Engel umgewandelt worden ist. Gott mache es durch die
Wirkung Seiner souveränen Gnade so mit etlichen unter euch!
In diesem Augenblick erinnere ich mich des Tages, an welchem ich den Heiland fand. Es war
ein kalter, schneeiger Morgen, und ich erinnere mich noch, wie ich, nachdem ich nach Hause
gekommen war, vor dem Feuer stand und meine Mutter zu mir sprach und ich sie dann draußen
vor der Tür sagen hörte: "Mit Charles ist eine Veränderung vorgegangen." Sie
hatte kaum ein halbes Dutzend Worte mit mir gewechselt; aber sie sah, daß ich nicht mehr
war, was ich gewesen war. Ich war niedergeschlagen, traurig, schwermütig gewesen, und als
ich zu Christus aufgesehen hatte, war mein Gesicht verändert worden; es lag ein Lächeln,
ein freudiger, glücklicher, zufriedener Ausdruck darauf, und sie konnte das sehen, und
nur wenige Worte sagten ihr, daß ihr schwermütiger Knabe sich aus seiner Verzagtheit
erhoben hatte und freudig geworden war. Möchte solche Veränderung auch über etliche
unter euch kommen!
IV. Hier ist noch eins, damit wir schließen wollen. Viertens, hier ist jemand, der
alsbald vollkommen glücklich ist.
Als der Kerkermeister Paulus und Silas in sein Haus geführt hatte, setzte er "ihnen
einen Tisch und freute sich mit seinem ganzen Hause, daß er an Gott gläubig geworden
war".
Das war eine glückliche, selige Zeit! Er freute sich, daß er gerettet worden war. Sein
Herz frohlockte. "Halleluja! Halleluja! Halleluja!" Als er so mit seinen beiden
fremden Gästen zu Tisch saß, hatte er wirklich Ursache zur Freude. Seine Sünden waren
ihm vergeben; seine Natur war verändert; er hatte einen Heiland gefunden; er hatte seine
Götzen aufgegeben, und er freute sich, daß er an Gott gläubig geworden war. Ihm war
gesagt worden, an den Herrn Jesum Christum zu glauben. Er glaubte, daß Jesus Christus
Gott war, und er freute sich, von Herzen glauben zu können.
Und dann freute er sich, daß sein ganzes Haus gerettet worden war. Welche Wonne war es,
sein ganzes Haus bekehrt zu sehen! Da war seine Frau. Wenn sie nicht bekehrt worden wäre,
so wäre es sehr mißlich für ihn gewesen, Paulus und Silas zum mitternächtlichen Mahle
einzuladen. Sie würde gesagt haben: "Ich will nicht, daß Gefangene in meine beste
Stube kommen und mir meine Vorräte verzehren." Ihr würde das nicht gefallen haben;
als kluge Hausfrau würde sie sich dagegen aufgelehnt haben. Aber nun wartete Frau
Kerkermeisterin ihnen allen mit einer heiligen Glückseligkeit, mit einer neuen Art von
Freundlichkeit auf. Ich weiß nicht, ob sie auch Knaben und Mädchen hatte. Es kann sein
oder auch nicht; aber wie viele auch in seinem Hause sein mochten, Kinder oder Dienstboten
oder Wärter, sie alle waren gläubig geworden. Sie wurden auch alle getauft, die Söhne
und Töchter und auch die Bediensteten, denn sie waren in den Haushalt eingeschlossen. Ich
mag es nicht, daß ihr das kleine Dienstmädchen weglaßt, wenn ihr euren Haushalt zählt;
sie bildet einen Teil eures Hausstandes, und ich bitte Gott, daß sie alle bekehrt werden
möchten.
Des Kerkermeisters Freude war auch ein Siegel des Geistes auf seine Aufrichtigkeit. Mußte
es nicht eine wahre Wonne für ihn sein, mit den beiden Predigern des Wortes um die
Mitternacht dazusitzen? Jene beiden Männer mußten guten Appetit haben, denn sie hatten
wahrscheinlich lange nichts genossen, und sie hatten, nachdem sie grausam geschlagen
worden waren, mit ihren Füßen in dem Stock in ihrer schrecklichen Höhle gelegen, und so
waren sie aufs Essen vorbereitet worden, ob es nun mitten in der Nacht oder mitten am Tage
sein mochte. Und die übrigen Familienglieder kamen und saßen mit zu Tisch, und alle
freuten sich. Solche Nacht hatte es vorher in einem Gefängnis noch nicht gegeben. Der
Kerkermeister "freute sich mit seinem ganzen Hause, daß er an Gott gläubig geworden
war".
Indem ich diese letzten Worte meines Textes anführe, ist's mir, als hörte ich einen
Freund da drüben tief seufzen. Ich weiß, was der Seufzer bedeutet. Er besagt, daß der
liebe Mann sein ganzes Haus nicht bekehrt weiß. Lieber Bruder, ich kann aus Erfahrung
nicht mit dir fühlen, denn ich danke Gott dafür, daß mein ganzes Haus zu Christus
gebracht ist; aber es muß ein großer Kummer sein, einen erwachsenen Sohn zu haben, der
da tut, wie er tut, oder ein liebes Mädchen zu haben, auf welches du so große Hoffnungen
gesetzt hast, und das nun seine krummen Wege geht! Laß mich dich fragen: Hast du Glauben
für dein Haus gehabt? Beachte, daß Paulus zu dem Kerkermeister sagte: "Glaube an
den Herrn Jesus Christus, so wirst du und dein Haus selig." Möchte Gott dir Glauben
für dein Haus geben! Du glaubst für dich selbst und bist gerettet; glaube auch, daß
deine Kinder gerettet werden; rufe zu Gott, daß Er dir Glauben schenke. Bete gläubig
darum, daß sie dahin geführt werden, auch für sich selbst gläubig und so gerettet zu
werden.
Daß diese große Versammlung im Himmel zusammentreffen möchte! Möchtet ihr, die ihr das
Wort jahrelang gehört habt, heute an Christum glauben und leben! Möchtet auch ihr, die
ihr es nie vorher gehört habt, zu Christo kommen und an Ihn glauben, wie der
Kerkermeister es tat, und möchtet ihr wie er gerettet werden! Der Herr soll das ganze Lob
und die ganze Ehre haben; aber o, daß Er dies Wunder der Gnade heute wirken möchte!
Laßt uns Ihn darum bitten. Amen.
Quelle: www.glaubensstimme.de